Freiwilligenarbeit in Nepal - Erfahrungsbericht

Mit Elefanten erwachen

(von Linda, 24.09.2014)

Es ist 5 Uhr morgens als ich vom Dach des Elefantenstalls aus beobachte, wie die Sonne über den Reisfeldern aufgeht. Elefantendame Poojakali und Krishna, der Mahout, machen sich gerade auf den Weg zur ersten Safaritour in den Dschungel. Ich genieße noch etwas die laue Morgenluft und gehe dann duschen. Meine kleine Gastschwester plärrt schon über den Hof: „Lindaaaa! Morgen!!“ Sie kennt das Wort, denn ihr Vater Siri, der Hotelbesitzer spricht fließend Deutsch.

Um 6 Uhr muss ich in der Community School, gleich hinter der Bücherei sein. Einige Kinder aus dem Dorf versammeln sich hier jeden Morgen um gemeinsam zu lernen. Heute steht Geschichte auf meinem Stundenplan. Ich habe mich für Hannibals Alpenüberquerung und die Punischen Kriege entschieden. Das gefällt allen gut, am liebsten mögen meine Schüler Geschichte und Religion. Am Ende der Stunde wiederholen wir den Stoff mit verschiedenen Spielen. Alle haben echt gut aufgepasst. Wir machen jeden Tag etwas anderes, was mir gerade einfällt. Luthers Thesen, die Märchen der Brüder Grimm, das Sonnensystem, Newtons Gesetze, auf Deutsch nach dem Weg fragen oder Lieder singen - bei allem sind sie begeistert dabei.

Nach der Stunde statte ich den Nachbarn einen ersten Besuch ab. Bei einem Glas Milchtee unterhalten wir entspannt. Die Familie, die hier einen kleinen Alden betreibt, ist mir sehr ans Herz gewachsen. Jeden Tag sitze ich bei meinen Freunden vor dem Haus und wir reden über Gott und die Welt. Ich durfte den Vater auch schon einmal zur Meditation ins nahe Osho-Zentrum begleiten. Das war wirklich eine tolle Erfahrung.

Ich frühstücke zusammen mit der Freiwilligen aus Amerika und wir liegen noch etwas herum und lesen, bevor gegen halb zehn unser riesiges Pflegekind von seiner Dschungeltour zurückkommt. Heute ist sie ganz schön dreckig geworden. Wir helfen, den schweren Sattel von ihrem Rücken zu nehmen und führen sie zur Pumpe neben dem Haus. Vom Balkon aus laufe ich bequem auf ihren rücken uns dann geht es los - Elefantenwäsche. Poojakali saugt den Rüssel voll mit Wasser und spitzt einfach alles nach hinten. Das meiste landet auf mir… Ich schrubbe sie gründlich ab und gerate in eine Wasserschlacht mit der Elefanten und Krishna. Das ist eine tolle Erfrischung, inzwischen sind die Temperaturen auf über 36 Grad gestiegen und es wird heute noch heißer werden. Nach der Dusche bekommt Pooja frisches Maisgras, Bambus und Zuckerrohr zum Mittagessen.

Ich mache mich auf ins Dorf, auf dem Weg treffe ich viele Bekannte. Überall muss ich kurz sitzen bleiben zum Geplauder oder etwas Tee. Ich kaufe ein paar frische Mangos, die herrlich duften und bringe sie rasch nach Hause. Die Kinder aus dem Waisenhaus sind schon aus der Schule zu Hause und haben eine große Portion Daal Bhat verdrückt. Jetzt müssen wir gemeinsam lesen üben und die Hausaufgaben erledigen. Saul versucht sich vor dem Lesen zu drücken, aber die Kitzelstrafe überzeugt ihn schnell, doch zu üben. Nachdem alle Kinder fertig sind, trinke ich mit der Mama des Hauses eine Tasse Kaffee und sie erzählt mir von allen Kindern, warum sie hier sind. Sehr bedrückende Geschichten sind das. Aber da kommt die Rasselnde schon wieder lachend angestürmt. Es ist furchtbar heiß, also gehen ich und die anderen Freiwilligen mit den Kindern zum Fluss baden. Die Büffel schauen uns unbeteiligt zu und lassen sich dann selbst ins Wasser gleiten.

Es wird Zeit zu gehen, bald kommt Pooja von ihrer zweiten Tour des Tages zurück. Wir bringen die Kinder nach Hause uns werfen schon einmal die trockenen Grasbündel vom Futterlager in den Hof. Jetzt kommt der spaßige Teil: es gibt kein besseres Training, als mit aller Kraft Gras gegen die Mauer zu dreschen. So bereiten wir es für die Futterzubereitung vor. Von Krishna haben wir gelernt, wie man aus dem Grad und trockenen Reiskörnern eine Art Lunchpaket schnürt, So schnell, wie Pooja die Bündel verschlingt, kann ich sie gar nicht nachschnüren! Wir bereiten noch zwei Säcke Bündel für den nächsten Tag vor und sind dann ganz schön erschöpft. Es ist acht Uhr, endlich gibt es Essen. In dem Lehmhaus, gleich neben dem Wohnhaus der Familie ist die Küche. Wir laden Reis, Linsen und Gemüse auf unsere Teller und essen ganz einfach mit den Händen. So schmeckt es nämlich am besten.
Wir setzen uns noch etwas auf die Terrasse. Gerade ist ein Fußballturnier im Ort, einige Spiele habe ich auch schon gesehen. Mein „Papa“ Siri hat das organisiert, er ist wahnsinnig engagiert im Ort. Die Spieler aus Kathmandu wohnen bei uns im Hotel, da haben wir noch nette Gesellschaft. Die Terrasse hat sich ohnehin als magischer Ort herausgestellt, an dem ich immer nette Leute kennen lerne. Darunter auch meine Freundin Srijana. Bevor ich Nepal verlassen muss, bleibe ich noch einige Tage in Kathmandu und wohne bei Srijana und ihrer Familie. Bei einer Feier in der nahen Schule werde ich gar zum Ehrengast erklärt. Eins habe ich über die Nepalesen schon gelernt: Sie werden nie aufhören, mich zu überraschen.

 
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