Freiwilligenarbeit in Ghana - Erfahrungsbericht
Ich wurde von Anfang an gut integriert
(von Nicole, 03.05.2020)
Am 1.3. begann ich meine Reise nach Ghana. Der Hinflug gestaltete sich problemlos und so kam ich nach ca. 14 Std. in Kumasi, der zweit größten Stadt Ghanas an. Ich wurde vom Flughafen abgeholt und in meine Gastfamilie, bei der ich meinen 4-wöchigen Aufenthalt verbringen sollte, gebracht. Schon die Fahrt dahin war ein Erlebnis, der Verkehr auf der Straße, die Menschenmengen, der Müll der überall liegt,….einfach alles anders als in meinem Heimatland Österreich.
Jetzt konnte ich mich erstmal ausruhen und die anderen Freiwilligen kennenlernen. Ich war mit 39 Jahren die Älteste, das machte jedoch überhaupt nichts. Es war glaube ich für alle eine Bereicherung – für mich war die Sichtweise von den Jüngeren sehr interessant, vor allem da sie ja noch sehr unvoreingenommen an diese andere Kultur und Lebensweise herangehen.
Am 2. Tag wurde mir von einem Mitarbeiter der Partnerorganisation alles gezeigt, mein Weg zum Kinderheim, zum Markt, wir sind Troto gefahren (eine Art Taxi),….. Am nächsten Tag konnte es für mich losgehen. Ich ging in die Privatschule in der ich in einer Klasse mithelfen sollte. Der Direktor war nicht gerade erfreut von meinem Start – anscheinend wurden sie hier auch manchmal schon von so manch einem Freiwilligen enttäuscht, die einfach nicht zur „Arbeit“ gekommen sind. Diese anfängliche Schwierigkeit war aber relativ schnell geklärt und ich wurde von den Kindern und der zuständigen Lehrerin sehr herzlich begrüßt. Die Kinder sind unglaublich offen! Ich wurde von Anfang an gut in den Unterricht integriert, konnte die Schwächeren beim Lernen unterstützen, Hefte korrigieren, teilweise auch den Unterricht übernehmen. Die Kinder sind sehr neugierig und freuen sich über Zuwendung. Obwohl ich bei den 5 bis 6 jährigen Kindern war konnte ich mich recht gut auf Englisch mit ihnen verständigen. Auch das Essen austeilen und nachher das Geschirr spülen gehörte zu meinen Aufgaben.
Das Schulsystem ist generell anders organisiert als in Österreich. Hier gehen die Kinder schon ab 3 Jahren zur Schule. Für mich war es unglaublich das so früh viel verlangt wird, nämlich so lange still zu sitzen und zu lernen. Somit können diese schon bald schreiben und lesen. Für mich war es schwierig anzusehen, dass einige Kinder einfach Förderbedarf beim Lernen brauchen würden. Auf das wird leider keine Rücksicht genommen.
Es ist sehr viel Leben hier in der Schule – morgens wird auf dem Schulhof gesungen, getanzt, mit Instrumenten gespielt und gebetet. Der vorwiegend christliche Glauben hat hier einen sehr großen Stellenwert. Die Klassenräume sind offen, es gibt keine Türen und es umgibt einem den ganzen Tag über eine sehr laute Geräuschkulisse. Erschreckend für mich war dass jeder von den Lehrern einen Stock hat, der oft gegenüber den Kindern benutzt wird. Es wird viel geschlagen, wenn jemand seine Aufgaben nicht erfüllt, nicht ruhig sitzt oder zu wenig Aufmerksamkeit zeigt. Manchmal wird auch aus keinem ersichtlichen Grund geschlagen. Das war für mich sehr schwierig mitanzusehen, das Weinen der Kinder fast unerträglich, da man es ja auch von den anderen Klassen mitbekommt. Da die Lehrerin meiner Klasse unglaubliche 19 Jahre alt war, konnte ich sehr gut über meine Einstellung zur Gewalt mit ihr reden. Natürlich fiel ich dabei nicht mit der Tür ins Haus, aber ich konnte meinen Standpunkt dazu auch ganz klar äußern. Man muss sich bewusst sein, dass man nicht die Macht hat, das zu verändern. So traurig dies auch ist.
Nachmittags ging es für mich dann ins Kinderheim das gut mit dem Tuc Tuc zu erreichen war (ist so eine Art Mopedtaxi, super zum Fahren da einem der Wind um die Nase weht). Es handelt sich um ein Heim das von privaten Spenden finanziert wird. Zwischen kleinen ärmlichen Hütten führt ein Weg zum Heim. Überall neben der Straße sind Menschen die etwas verkaufen, Essen, Kleidung, Eier,…..und Vieles mehr. Von jeder Ecke wird man begrüßt und angelächelt, die Freundlichkeit ist echt unbeschreiblich. Ein „How are you“ und ein „You are Welcome“ ist von fast jedem zu hören. Es ist sehr leicht mit jemanden ins Gespräch zu kommen. Man fühlt sich hier sofort wohl.
Im Heim angekommen wird man von den Kindern begrüßt. Hier leben ca. 85 Kindern, die zum größten Teil Vollwaisen sind. Alle sind sehr aufgeschlossen und wollen mit einem Spielen. Obwohl es keine Spielsachen gibt haben die Kinder so viel Freude! Es genügt wenn man sich mit ihnen unterhält, rumalbert, kuschelt oder rumtobt. Es war schön mitanzusehen dass sich die älteren Kinder um die Kleineren kümmern, ihnen z.Bsp. beim Waschen helfen oder beim Essen. Jeder hat hier seine Aufgabe und es ist selbstverständlich das zu machen. Bei Gesprächen mit den Teenagern konnte ich sehr viel lernen, sie sind schon kleine Erwachsene. Sie sind für ihr Alter ziemlich erwachsen und ernst, haben viele Aufgaben zu erledigen. Trotzdem haben sie sehr viel Lebensfreude!
So vergingen die Tage wie im Flug und abends war man ziemlich erledigt. Die Hitze macht einem ganz schön zu schaffen. So gefreut auf eine Dusche habe ich mich selten! Obwohl in diesem Land einfach alles anders ist gewöhnt man sich sehr schnell daran. Das Essen, das für mich sehr lecker war. Reis in allen Variationen, Banku, Fufu,…ziemlich scharf aber lecker! Die Hygiene, ob es jetzt einfachste Waschgelegenheit ist oder das Waschen der Wäsche mit der Hand. Das Kochen im Freien auf einer Feuerstelle – aus wenigen Zutaten werden leckere Gerichte gezaubert (und einige Rezepte habe ich ergattert). Das Essen mit den Fingern war für mich eine Herausforderung, an das konnte ich mich nicht so wirklich anfreunden!
An den Wochenenden sind wir gereist – auch ein Erlebnis und hier recht einfach! Ob mit dem Tuc Tuc, Trotro oder Taxi, jeder hilft einem weiter! Nur über den üblichen Preis sollte man sich vorher informieren, wirklich jeder will einen übers Ohr hauen,…….aber auch ein bisschen normal hier! Leider mussten alle Freiwilligen wegen dem Corona Virus den Aufenthalt frühzeitig beenden, es hat uns alle recht traurig gemacht. Aber die Maßnahmen waren auch hier notwendig, die Schulen und Heime wurden geschlossen und wir hatten Ausgangsperre. Es war für alle Zeit wieder in das Heimatland zu reisen.
Obwohl ich nur eine kurze Zeit hier in Ghana verbringen durfte, konnte ich so viele Erfahrungen sammeln. Ich lernte so viele Leute und ihre Kultur kennen. Ich glaube dass diese Eindrücke meine bisherigen Werte verstärken, man schätzt was man hat. Obwohl in diesem Land so viel Armut herrscht verspürt man so viel Lebensfreude! Die Leute sind viel gelassener und man verspürt keine Hektik. Jeder nimmt sich Zeit um zu plaudern und man bekommt von allen Seiten Hilfe! Das wünsche ich mir in meinem Heimatland auch.
Schön wars!