Freiwilligenarbeit in Nepal - Erfahrungsbericht

Im Reich der grauen Riesen

(von Gina-Maria, 13.01.2018)

Namaste! Anfangs ist es uns noch etwas schwer über die Lippen gekommen, inzwischen sagen wir es reflexartig und falten die Hände zum Gebet. Das zeigt wohl ziemlich gut wie schnell wir uns in Nepal eingelebt haben. Wir, das sind mein Freund Chris und ich, Gina. Für ein halbes Jahr wollten wir aus dem Alltag in Deutschland raus und Neues erleben – eine neue Kultur, eine neue Sprache und neue Leute. Welches Land wäre dafür besser geeignet als Nepal, ein Land, das unterschiedlicher als Deutschland nicht sein könnte. 

Anfangs, am Flughafen in Kathmandu, waren wir zugegeben erst einmal überfordert von dem Lärm, dem Staub und den vielen Menschen, die durcheinander schreien. Auf der Fahrt ins Hotel fällt mir auf, wie viele Menschen Mundschutz tragen. Zu Chris sage ich noch, dass das wohl ein bisschen übertrieben sei, schließlich gibt es hier ja keinen Smog. Doch schon beim ersten Erkunden von Thamel, dem Teil von Kathmandu in dem wir untergebracht sind und der Einzige, der mir wirklich gefällt, wünsche ich mir genauso einen Mundschutz. Unser Guide erzählt uns, dass Kathmandu von vielen „Dustmandu“ genannt wird – treffender kann man es nicht sagen. Drei Tage lang besichtigen wir Tempel und andere Sehenswürdigkeiten und doch atme ich erstmal auf, als wir uns auf den Weg in den Chitwan National Park machen – ein halbes Jahr wollte ich in Kathmandu nicht verbringen. 

Bus fahren in Nepal ist eine Erfahrung für sich. Ich sage nur, dass ich mich während des acht Stunden Trips zum ersten Mal in meinem Leben in einen Zug der Deutschen Bahn gewünscht habe – ich schätze, das sagt alles. In Sauraha angekommen werden wir im Hotel herzlich mit dem traditionellen roten Punkt auf der Stirn und einem Blumensträußchen begrüßt. Unser Zimmer ist schön eingerichtet und wird im Laufe der Zeit zu einem richtigen Zuhause, so wie das ganze Hotel. In der Anfangszeit ist noch ein anderer Volunteer da, Margret, mit der wir uns sehr gut verstehen. Unser Guide Arjun zeigt uns die Gegend und die Orte an denen die Elefanten stehen. Dort lernen wir den ersten Kontakt mit den Tieren. Anfangs sind wir noch sehr vorsichtig und kommen ihren neugierigen Rüsseln lieber nicht zu nahe. Margret hat da weniger Hemmungen, prompt nimmt der Babyelefant ihre Hand in sein Maul. Erschrocken zieht sie sie wieder heraus – alles gut gegangen, Babyelefanten sind eben noch sehr verspielt. 

Wir lernen Tag für Tag wie man mit den grauen Riesen umgehen muss. Wir lernen, ihnen Reispäckchen zu binden, was deutlich schwerer ist, als es aussieht. Wir baden mit ihnen im Fluss und kratzen den Dreck mit größeren Steinen von ihnen ab. Wir lernen sogar wie man auf einen Elefanten im Stehen klettert – an den Ohren festhalten und dann über den Rüssel auf den Kopf steigen. Zugegeben: Elegant sah das nicht gerade aus. 

Tag für Tag unternehmen wir etwas anderes, mal zeigt uns Arjun oder sein bester Freund Sansa wo und wie sie wohnen, mal besichtigen wir den Nationalpark oder das Tharu-Museum. Die Tharus sind eine Ethnie in Nepal, die hauptsächlich im Süden wohnen. Ihr Erkennungsmerkmal sind die Häuser, die aus Elefantengras gebaut werden und mit Dung „verkleidet“ werden. Aufgehübscht werden sie durch farbige Handabdrücke im Hauseingang. Es ist schon ein ganz anderer Lebensstil in Nepal, doch wir genießen es. Die Menschen sind sehr glücklich, obwohl sie viel weniger als wir in Deutschland haben. Sie sind freundlich und offen und geben uns jeden Tag das Gefühl, hier erwünscht zu sein. 

Die Natur rund um den Chitwan National Park ist sehr vielfältig, die Sonnenuntergänge sind die schönsten, die wir jemals gesehen haben. Oft fahren wir mit Arjun und Sansa an eine Strandbar nahe dem Fluss, beobachten die Vögel und genießen den Himmel am Abend, dessen Farbe von blau zu rosa wechselt. Zurück im Hotel essen wir Dal Bhat, das typische nepalesische Essen aus Reis, Linsensuppe, Spinat und Currygemüse. Es ist das Beste, das wir bisher in Nepal gegessen haben, bei Veg Chowmein, gebratene Nudeln mit Gemüse verhält sich das nicht anders. 

Wenn uns jeden Tag Reis doch etwas zu eintönig wird, gehen wir in Sauraha in einem der vielen Restaurants essen oder holen uns mit Arjuns Sohn Araab Pani Puri an einem der Straßenstände. Wer scharfes Essen mag, wird die mit gelben Erbsen, Kartoffeln und Erdnüssen gefüllten Bällchen, in die man Chili-Wasser-Soße kippt, lieben. Wer nicht, sollte lieber nicht nach Nepal gehen. Sauraha und besonders das Hotel ist mit der Zeit zu einem richtigen Zuhause geworden. Schmerzlich wird uns bewusst, dass unsere zwei Monate hier bald zu Ende sein werden und wir zum nächsten Projekt wechseln werden. Doch wir sind optimistisch, dass uns das genauso gut gefallen wird. 

 ...zum Projekt bitte hier klicken...